Sep 28, 2023
Oft wird die Vermutung geäußert, dass sich Einheitsstaaten bei der Digitalisierung der
Verwaltung deutlich leichter tun. Daher soll in diesem Beitrag ein vergleichender Blick auf die Herangehensweise in
Estland und
Frankreich geworfen werden.
In
Frankreich ist heute kaum noch vom „gouvernement électronique“ oder kurz e-gouvernement die Rede. Stattdessen finden sich Formulierungen, die an die Übersetzung des Wortes „digital“ mit „numérique“ anknüpfen. Parallel zum Entwicklungsfortschritt bei den digitalen Werkzeugen hat sich die elektronische
Verwaltung im Laufe der Zeit fortentwickelt. Zur Umsetzung der Digitalisierung wurden viele neue Gremien gebildet (Commission d’accès aux documents administratifs, Commission nationale informatique et libertés, L’Agence nationale de la sécurité des systèmes d’information).
Es gibt diverse besondere und allgemeine Vorschriften zur elektronischen
Verwaltung. Unter anderem wird in Art. D. 113-2 und Art. D. 113-3 CRPA festgelegt, dass die für die Durchführung eines Verfahrens erforderlichen Formulare der
Öffentlichkeit kostenlos in digitaler Form über die
öffentliche Website „service-public.fr“ zur Verfügung gestellt werden müssen und die Verwaltung die Bearbeitung eines mit einem solchen Formular eingereichten Antrags nicht verweigern darf. Vor allem die Art. L. 112-7 ff. CRPA enthaltenen Vorschriften zur elektronischen Verfahrensabwicklung. Zudem steht hierfür seit 2021 die eingeführte nationale elektronische Identifizierungskarte zur Verfügung. Der französische Conseil d’État entschied, dass sich aus Art. L. 112-8, L. 112-9 und L. 112-10 CRPA zwar ein Recht auf elektronische Kommunikation mit der
Verwaltung, aber keine Verpflichtung dazu ergibt.
Im Unterschied zu Deutschland und Österreich mit ihren
E-Government-Gesetzen sind in
Frankreich zentrale Vorschriften zur elektronischen
Verwaltung in seiner Kodifizierung des allgemeinen Verwaltungsrechts enthalten. Der Rückstand
Frankreichs bei den digitalen
öffentlichen Diensten wird u.a. mit dem tendenziell eher schlechten Verhältnis der Bürger zur
Verwaltung und den Schwierigkeiten mancher Bürger bei der Inanspruchnahme digitaler
öffentlicher Dienste erklärt, etwa weil sie nicht ausreichend digital kompetent sind
Sep 28, 2023
Données bibliographiques / Bibliografische Daten |
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Auteurs / Autoren: | SCHNIEDERS, RALF |
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Revue / Zeitschrift: | Klima und Recht, C.H. Beck, S. 226-229. |
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Année / Jahr: | 2023 |
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Catégorie / Kategorie: | Rechtspraxis, Umweltrecht, Verwaltungsrecht |
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Die
französische Verwaltungsrechtsprechung hat in jüngerer Zeit mehrfach den
französischen Staat verurteilt, Maßnahmen zu ergreifen, um nicht erfüllte gesetzliche Klimaschutzziele umzusetzen. In einem Verfahren geschah dies auf dem Weg eines primären Erfüllungsanspruchs, in einem anderen Fall als sekundärer Schadensersatzanspruch.
Die Urteile der französischen Verwaltungsgerichte erkennen an, dass die Realisierung konkreter Treibhausgasreduktionsziele, die sich der
französische Staat in Umsetzung der völker- bzw. unionsrechtlich eingegangenen Verpflichtungen innerstaatlich selbst auferlegt hat, für Gebietskörperschaften und für Umweltverbände gegenüber dem Staat einklagbar ist. Dies ermöglicht in dem Verfahren „Grande-Synthe“ vor dem CE (Entscheidungen vom 19. 11. 2020 und vom 1. 7. 2021) ein weites Verständnis der subjektiven Betroffenheit der Gemeinden durch unterlassene Klimaschutzmaßnahmen. In dem Verfahren „affaire du siècle“ vor dem VG Paris (Tribunal administratif de Paris vom 3.2. 2021 und vom 1.7. 2021) ist die Verurteilung des Staates Folge einer weiten Konzeption des Begriffs des Umweltschadens in Verbindung mit einer entsprechenden Klagebefugnis der Umweltverbände. Beide Urteile wären folglich in der deutschen Rechtsordnung so nicht denkbar, da einerseits den Gemeinden bislang kein derart weit reichendes subjektives Recht zugestanden wurde, andererseits kein vergleichbarer weit reichender Umwelthaftungstatbestand existiert.
Der Mehrwert derartiger Urteile erscheint fraglich, er dürfte vorwiegend deklaratorischer Natur sein, dabei den ohnehin bestehenden politischen und rechtlichen Druck zu Emissionsminderungen verstärken. Bereits Unionsrecht verpflichtet dazu, verschärfte - wiederum in einem politischen Abwägungsprozess definierte - Einsparziele und Maßnahmenprogramme für kommende Emissionszeiträume zu beschließen, im Rahmen derer dann auch die gesetzlich für vergangene Zeiträume festgelegten und nicht realisierten Reduktionen nachzuholen sind. Zwangsgelder verhängten die Gerichte in dem Zusammenhang bislang nicht.
Die Gerichte fordern indes von der Regierung ausdrücklich kurzfristige Maßnahmen ein. Damit stehen sie im Kontrast zur Politik (verstanden als Regierung und Gesetzgeber), die vorzugsweise längerfristige, über Legislaturperioden hinausweisende Einsparungsziele aufstellt.
Sep 11, 2023
Zusammenfassung des Beitrags:
Anders als bei den meisten Umweltbedrohungen, etwa im Bereich der Biodiversität, der Auslaugung der Böden, der Luft- oder der Wasserverschmutzung, bei denen der Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung vorwiegend auf lokaler Ebene zu beobachten ist, verhält es sich beim Klimawandel: Wenn irgendwo auf der Welt eine Tonne Treibhausgas (THG) ausgestoßen wird, betrifft dies den gesamten Planeten und die gesamte Menschheit gleichermaßen. Aus dieser Interdependenz ergibt sich das Grundprinzip einer gerechten Verteilung von Verpflichtungen, das sich vom klassischen völkerrechtlichen Grundprinzip der Gegenseitigkeit unterscheidet. Es ist die Basis der seit Kyoto getroffenen internationalen Vereinbarungen, insbesondere des Übereinkommens von Paris von 2015, und sollte konsequenterweise durch einen internationalen Rechtsprechungsmechanismus abgesichert werden. Dies ist jedoch nicht der Fall. Vielmehr wird die gerichtliche Kontrolle der Einhaltung dieser Verpflichtungen auf die Ebene der Europäischen Union und der Mitgliedstaaten verlagert, und das, obwohl die einzelstaatliche Verantwortung für die Verschärfung des Klimawandels aufgrund der geschilderten Umstände enorm abgeschwächt („verwässert“) ist. Die nationalen Gerichte stehen vor der Aufgabe, Verpflichtungen zu festigen, die ihren Ursprung und ihre Kohärenz im Völkerrecht haben und somit vom Willen der Staaten abhängig bleiben, und diese Verpflichtungen mit anderen allgemeinen Rechtsgrundsätzen in Einklang zu bringen..
Gliederung des Beitrags:
I. Die Klimagerechtigkeit im Rahmen des Anfechtungsverfahrens: Rechtssache Gemeinde Grande-Synthe
II. Die besonderen Schwierigkeiten im Verfahren der Staatshaftung: das „Verfahren des Jahrhunderts“
III. Offene Fragen für die Zukunft
Nov 15, 2022
Données bibliographiques / Bibliografische Daten |
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Auteurs / Autoren: | FISCHER-HIRTZ, CATHERINE; AMADORI, ALBERTO |
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Source / Fundstelle: | in: NVwZ, 2022, S. 1437-1443 |
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Revue / Zeitschrift: | Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht |
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Année / Jahr: | 2022 |
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Catégorie / Kategorie: | Verwaltungsrecht |
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Mots clef / Schlagworte: | Verwaltungsprozess |
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Zusammenfassung des Beitrags:
Die Anwesenheit von Dritten in einem Rechtsstreit, in dem sich grundsätzlich zwei oder mehr Parteien gegenüberstehen, ist zwar nicht selbstverständlich, hat aber im französischen Verwaltungsprozess in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Darüber hinaus kann es vorkommen, dass der Verwaltungsrichter bei bestimmten Streitigkeiten, bei denen der Sachverhalt eine besondere technische Kompetenz erfordert, beschließt, qualifizierte Dritte von außerhalb des Prozesses hinzuzuziehen. In diesen Fällen, greift der Dritte zur Unterstützung des Richters ein.
Gliederung des Beitrags:
I. Einleitung
II. Dritte mit eigenen Interessen
III. Dritte ohne eigene Interessen
IV. Fazit
Nov 15, 2022
Données bibliographiques / Bibliografische Daten |
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Auteurs / Autoren: | RANQUET, PHILIPPE; AMADORI, ALBERTO |
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Source / Fundstelle: | in: NVwZ 2022, S. 1183-1189 |
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Revue / Zeitschrift: | Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht |
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Année / Jahr: | 2022 |
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Catégorie / Kategorie: | Verwaltungsrecht |
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Mots clef / Schlagworte: | CONSEIL D'ETAT, Eilrechtschutz |
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Zusammenfassung des Beitrags:
Die Verfahren mit Bezug zur Covid-19-Pandemie haben die französische Verwaltungsgerichtsbarkeit und insbesondere den Conseil d’Etat außerordentlich gefordert. Grund hierfür sind zum einen die Rechtsnatur der vom Staat getroffenen Maßnahmen und zum anderen die hiergegen verfügbaren Rechtsschutzmöglichkeiten. Nach einer Einführung werden im weiteren Verlauf vier besonders relevante Eilbeschlüsse des Conseil d’Etat aus diesem Kontext besprochen.
Gliederung des Beitrags:
I. Einleitung
II. Die Spezifika des référé-liberté
III. Vier Beispiele aus der Rechtsprechung des CE
IV. Fazit