Die französische Verwaltungsrechtsprechung im Spiegel der „Klimagerechtigkeit“ – Aktuelle Entwicklungen

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Auteurs / Autoren:ROCER-LACAN, CYRIL
Source / Fundstelle:IN: NVwZ, 2023, S. 1135-1139
Revue / Zeitschrift:Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht
Année / Jahr:2023
Catégorie / Kategorie:Verwaltungsrecht
Mots clef / Schlagworte:Verwaltungsrechtsrechtsprechung, „Klimagerechtigkeit"
Zusammenfassung des Beitrags:

Anders als bei den meisten Umweltbedrohungen, etwa im Bereich der Biodiversität, der Auslaugung der Böden, der Luft- oder der Wasserverschmutzung, bei denen der Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung vorwiegend auf lokaler Ebene zu beobachten ist, verhält es sich beim Klimawandel: Wenn irgendwo auf der Welt eine Tonne Treibhausgas (THG) ausgestoßen wird, betrifft dies den gesamten Planeten und die gesamte Menschheit gleichermaßen. Aus dieser Interdependenz ergibt sich das Grundprinzip einer gerechten Verteilung von Verpflichtungen, das sich vom klassischen völkerrechtlichen Grundprinzip der Gegenseitigkeit unterscheidet. Es ist die Basis der seit Kyoto getroffenen internationalen Vereinbarungen, insbesondere des Übereinkommens von Paris von 2015, und sollte konsequenterweise durch einen internationalen Rechtsprechungsmechanismus abgesichert werden. Dies ist jedoch nicht der Fall. Vielmehr wird die gerichtliche Kontrolle der Einhaltung dieser Verpflichtungen auf die Ebene der Europäischen Union und der Mitgliedstaaten verlagert, und das, obwohl die einzelstaatliche Verantwortung für die Verschärfung des Klimawandels aufgrund der geschilderten Umstände enorm abgeschwächt („verwässert“) ist. Die nationalen Gerichte stehen vor der Aufgabe, Verpflichtungen zu festigen, die ihren Ursprung und ihre Kohärenz im Völkerrecht haben und somit vom Willen der Staaten abhängig bleiben, und diese Verpflichtungen mit anderen allgemeinen Rechtsgrundsätzen in Einklang zu bringen..

Gliederung des Beitrags:

I. Die Klimagerechtigkeit im Rahmen des Anfechtungsverfahrens: Rechtssache Gemeinde Grande-Synthe

II. Die besonderen Schwierigkeiten im Verfahren der Staatshaftung: das „Verfahren des Jahrhunderts“

III. Offene Fragen für die Zukunft

Französisches Recht im 21. Jahrhundert

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Auteurs / Autoren:SYDOW, GERNOT (HRSG.)
Source / Fundstelle:Französisches Recht im 21. Jahrhundert, Mohr Siebeck, 335 S.
Année / Jahr:2022
Catégorie / Kategorie:Rechtsgeschichte, Verfassungsprozeßrecht, Verfassungsrecht
Die Verfassungsentwicklung der V. Französischen Republik seit 1958 scheint auf den ersten Blick durch ein hohes Maß an Kontinuität gekennzeichnet zu sein. Doch das französische Verfassungsrecht erweist sich gerade in den letzten Jahren als besonders innovationsoffen: etwa durch die Entwicklung neuer partizipativer Verfahren als Ergänzung der repräsentativen Demokratie und des französischen Präsidialsystems, durch die Entfaltung ausdifferenzierter umweltrechtlicher Gewährleistungen auf Verfassungsebene oder, schon 2008, durch die Einführung eines neuen verfassungsgerichtlichen Vorlageverfahrens. Die gesellschaftlichen Probleme, vor denen die französische Demokratie steht, unterscheiden sich nicht grundsätzlich von den Herausforderungen für die Verfassungsordnung der Bundesrepublik Deutschland. Die teils experimentellen französischen Erfahrungen bieten daher für die deutsche Verfassungsdiskussion wertvolle Anstöße. Die Verfassungsentwicklung der V. Französischen Republik seit 1958 scheint auf den ersten Blick durch ein hohes Maß an Kontinuität gekennzeichnet zu sein. Doch das französische Verfassungsrecht erweist sich gerade in den letzten Jahren als besonders innovationsoffen: etwa durch die Entwicklung neuer partizipativer Verfahren als Ergänzung der repräsentativen Demokratie und des französischen Präsidialsystems, durch die Entfaltung ausdifferenzierter umweltrechtlicher Gewährleistungen auf Verfassungsebene oder, schon 2008, durch die Einführung eines neuen verfassungsgerichtlichen Vorlageverfahrens. Die gesellschaftlichen Probleme, vor denen die französische Demokratie steht, unterscheiden sich nicht grundsätzlich von den Herausforderungen für die Verfassungsordnung der Bundesrepublik Deutschland. Die teils experimentellen französischen Erfahrungen bieten daher für die deutsche Verfassungsdiskussion wertvolle Anstöße.
Inhaltsübersicht
Teil I. Einleitung Gernot Sydow: Französisches Verfassungsrecht im 21. Jahrhundert Teil II. Historische Verfassungsprägungen: Vergewisserungen über ihre Tragfähigkeit Madeleine Lasserre: Die Unteilbarkeit der V. Republik als politisches Prinzip – Caroline Nacke: Das droit local als geltendes Partikularrecht in Alsace-Moselle – Jan Niermann: Das monarchische Erbe des französischen Staatspräsidenten im System der V. Republik Teil III. Demokratische Partizipation: Einwicklung neuer Institutionen und Verfahrensarrangements Thea Schlütermann: Die Convention Citoyenne pour le Climat. Der Bürgerkonvent zur Klimapolitik – Sina Maria Kemper: Die États généraux im Verfahren der Revision des Bioethikgesetzes Teil IV. Gesellschaftliche Herausforderungen: Entfaltung des bloc de constitutionnalité Johannes Domsgen: Die französische Umweltcharta. Normativer Befund als Teil des bloc de constitutionnalité, Rechtsprechung des Conseil Constitutionnel und Rezeption in der französischen Rechtswissenschaft – Alban Spielkamp: (Verfassungs-)Rechtliche Rahmenbedingungen der Präimplantationsdiagnostik – Christian Popp: Religiöse Kleidung im Spannungsfeld zwischen Religionsfreiheit und laïcité Teil V. Gerichtliche Kontrollkompetenzen: Überwindung des légicentrisme Vanessa Ritter: Das Verhältnis von Question prioritaire de constitutionnalité und contrôle de conventionnalité. Zum Vorrang der Question prioritaire de constitutionnalité – Isabelle Neise: Implikationen der Rechtsprechung der Cour de Cassation und des Conseil d'État zur konkreten Verhältnismäßigkeit

Die Rolle Dritter im französischen Verwaltungsprozess

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Auteurs / Autoren:FISCHER-HIRTZ, CATHERINE; AMADORI, ALBERTO
Source / Fundstelle:in: NVwZ, 2022, S. 1437-1443
Revue / Zeitschrift:Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht
Année / Jahr:2022
Catégorie / Kategorie:Verwaltungsrecht
Mots clef / Schlagworte:Verwaltungsprozess
Zusammenfassung des Beitrags:

Die Anwesenheit von Dritten in einem Rechtsstreit, in dem sich grundsätzlich zwei oder mehr Parteien gegenüberstehen, ist zwar nicht selbstverständlich, hat aber im französischen Verwaltungsprozess in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Darüber hinaus kann es vorkommen, dass der Verwaltungsrichter bei bestimmten Streitigkeiten, bei denen der Sachverhalt eine besondere technische Kompetenz erfordert, beschließt, qualifizierte Dritte von außerhalb des Prozesses hinzuzuziehen. In diesen Fällen, greift der Dritte zur Unterstützung des Richters ein.

Gliederung des Beitrags:

I. Einleitung

II. Dritte mit eigenen Interessen

III. Dritte ohne eigene Interessen

IV. Fazit

Der Conseil d’Etat und seine Kontrolle der Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie im Rahmen des référé-liberté

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Auteurs / Autoren:RANQUET, PHILIPPE; AMADORI, ALBERTO
Source / Fundstelle:in: NVwZ 2022, S. 1183-1189
Revue / Zeitschrift:Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht
Année / Jahr:2022
Catégorie / Kategorie:Verwaltungsrecht
Mots clef / Schlagworte:CONSEIL D'ETAT, Eilrechtschutz
Zusammenfassung des Beitrags:

Die Verfahren mit Bezug zur Covid-19-Pandemie haben die französische Verwaltungsgerichtsbarkeit und insbesondere den Conseil d’Etat außerordentlich gefordert. Grund hierfür sind zum einen die Rechtsnatur der vom Staat getroffenen Maßnahmen und zum anderen die hiergegen verfügbaren Rechtsschutzmöglichkeiten. Nach einer Einführung werden im weiteren Verlauf vier besonders relevante Eilbeschlüsse des Conseil d’Etat aus diesem Kontext besprochen.

Gliederung des Beitrags:

I. Einleitung

II. Die Spezifika des référé-liberté

III. Vier Beispiele aus der Rechtsprechung des CE

IV. Fazit

Der Conseil d’Etat zur Vorratsdatenspeicherung: Auf Biegen und Brechen des Unionsrechts für die nationale Sicherheit?

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Auteurs / Autoren:GERHOLD, MAXIMILIAN
Source / Fundstelle:in: DÖV 2022, S. 93-102
Revue / Zeitschrift:Die öffentliche Verwaltung
Année / Jahr:2022
Catégorie / Kategorie:Verfassungsrecht
Mots clef / Schlagworte:Verfassungsrecht, Vorratsdatenspeicherung
Zusammenfassung des Beitrags:

Die Auseinandersetzung um die Vorratsdatenspeicherung als Brennglas mitgliedstaatlichen und europäischen Verfassungsrechts hat mit einer Entscheidung des französischen Conseil d'Etat einen neuen - über die Vorratsdatenspeicherung hinausgehenden - gerichtlichen Twist erhalten. Der EuGH senkte im Vorjahr auf Vorlage des Conseil d'Etat seine primärrechtlichen Maßstäbe und rückte von einem strengen Verbot ab. Sobald der Rechtsstreit wieder in Paris ankam, forderte die französische Regierung jedoch das Gericht auf, das Urteil aus Luxemburg als ausbrechenden Rechtsakt unangewendet zu lassen. Die Antwort des Conseil d'Etat ist über Frankreich und den europäischen Gerichtsverbund hinaus von Interesse: Beim EuGH sind Vorlagen des Bundesverwaltungsgerichts zur deutschen Regelung anhängig und zugleich könnte 2022 der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts über Verfassungsbeschwerden hiergegen entscheiden.

Gliederung des Beitrags:

I. Die Antwort auf La Quadrature du Net als Quadratur des Kreises?

II. Paris - Luxemburg - Paris

III. Bekräftigung des eigenen Prüfungsmaßstabs

IV. Umbau des materiellen Unionsrechts

V. Schlussbemerkung